Wie funktioniert das Ganze mit dem Gründungszuschuss eigentlich? Bin ich berechtigt? Wie verläuft die Antragstellung? Wer entscheidet?
Eines vorab: Es ist alles einfacher als erwartet – wenn man weiß, wie es geht. Deshalb stelle ich dir hier in 8 Schritten zusammen, wie man den Gründungszuschuss bei der Agentur für Arbeit beantragen kann, um sich den Start in die Selbstständigkeit sicherer zu gestalten.
Bitte erschreck dich nicht – auf den ersten Blick sieht dieser Beitrag wahnsinnig lang aus. Ist er sicher auch. Ich wollte dir aber alle Infos sowie viele Tipps mitgeben, damit du erfolgreich durch diesen Prozess gehen kannst.
Also los geht’s. Viel Erfolg!
Grundlagen zum Antrag auf Gründungszuschuss
Bin ich berechtigt, einen Antrag zu stellen?
Du bist berechtigt, den Antrag auf Gründungszuschuss zu stellen, wenn
- du jünger als 65 Jahre bist.
- du mindestens einen Tag arbeitslos gemeldet bist.
- du Anspruch auf Arbeitslosengeld I hast und noch über mehr als 150 Tage (5 Monate) Restanspruch verfügst (Beispiel: Der letzte Tag deines Anspruchs auf ALG I ist der 15. Oktober 2020. Ziehst du 150 Tage davon ab, ist der letzte Tag, an dem du dein Gewerbe offiziell gründen kannst, der 17. Mai 2020.).
- du dein neues Gewerbe hauptberuflich in Vollzeit oder mit mind. 15 Stunden pro Woche ausüben wirst. Zusätzliche Beschäftigungen müssen während des Förderbezugs bei der Arbeitsagentur angegeben werden. Kläre also unbedingt bereits im Vorfeld mit deinem Arbeitsvermittler, ob die geplante Nebentätigkeit zulässig ist und nicht zu einem Abbruch der Förderung führen könnte.
- eine vorherige Förderung durch den Gründungszuschuss mindestens 24 Monate zurückliegt.
Wer entscheidet über die Bewilligung des Antrags?
Kurz und knackig: Dein persönlicher Berater/Vermittler der Agentur für Arbeit.
Hierbei solltest du beachten, dass die Gewährung des Zuschusses eine Ermessensleistung ist, d.h. dein Berater allein entscheidet, ob er deinen Antrag bewilligt. Für deinen Berater hat es jedoch Vorrang, dir eine neue Stelle (eine sichere Festanstellung) zu vermitteln, da das Risiko geringer ist als bei einer neuen Selbstständigkeit.
Meine Tipps und Erfahrungen sind daher:
- Überlege dir vorab Gründe, warum du mit deinen Qualifikationen als virtuelle Assistenz arbeiten und eben nicht in eine Festanstellung gehen möchtest.
Das könnte z.B. sein,
…dass du (alleinerziehende) Mutter bist und du produktiver und mehr arbeiten könntest, wenn du im Home Office arbeitest.
…dass du auf dem Land wohnst und die nächste verfügbare Stelle verantwortungslos weit weg wäre.
…dass es für deine Qualifikationen im Umfeld keine verfügbaren Stellen gibt. - Bemühe dich in der Zeit deiner Arbeitslosigkeit trotzdem aktiv um eine Festanstellung, die deinen Qualifikationen entspricht. So sieht dein Berater, dass du beide Varianten (Anstellung und Selbstständigkeit) in Betracht ziehst.
- Lass dich nicht verunsichern! Ende 2011 hat die Bundesregierung Einsparungen beim Gründungszuschuss vorgenommen. Seitdem versuchen Berater bei den Arbeitsagenturen Gründungswillige abzuwimmeln.
- Nutze den Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein (AVGS) der Agentur für Arbeit, mit dem du eine kostenfreie Beratung durch einen Gründungsexperten bekommen kannst. Auch so sieht dein Berater, dass du dir wirklich Gedanken machst, wie alles funktionieren könnte.
Welche Aussagen du meines Erachtens besser vermeidest:
- „Ich möchte VA werden, weil ich dann von überall auf der Welt arbeiten kann!“
Das wird deinen Berater stutzig machen, denn er wird nicht deine geplante Weltreise finanzieren wollen (vermutlicher Gedankengang eines Angestellten bei der Arbeitsagentur für Arbeit…du weißt sicher, was ich meine).
- „Ich bin mir nicht sicher, ob es funktioniert. Wenn nicht, dann kann ich ja nach Ende des Gründungszuschusses wieder nach einer Festanstellung suchen.“
Hier kommt ein gut ausgearbeiteter Businessplan zum Einsatz! Es muss ersichtlich sein, dass du Anlaufschwierigkeiten haben wirst (was in den ersten 6-12 Monaten völlig normal ist), dein Gewerbe jedoch nach dieser Zeit profitabel ist. Ein Berater wird den Zuschuss nicht gewährleisten, wenn du ihn nicht davon überzeugen kannst, dass aus deiner Idee etwas Handfestes werden kann.
- „Ich mache das schon recht erfolgreich im Nebengewerbe und habe ich auch schon einige Kunden. Deshalb möchte ich es jetzt im Hauptgewerbe machen.“
Eher negativ wirkt es sich wohl aus, wenn du ein bereits bestehendes Nebengewerbe in ein Hauptgewerbe umwandeln möchtest. Das solltest (und kannst) du natürlich nicht verheimlichen, aber erwähnen musst du es ja nicht so oft/offensichtlich J Das könnte beim Berater so ankommen, als würdest du schon jetzt so viel Umsatz machen, dass es sich umso mehr lohnt es als Hauptgewerbe anzumelden.
Wie du siehst… Hier musst du selbst etwas ausbalancieren, wie viel du zu welchem Zeitpunkt preisgibst. Taste dich bei deinem Gespräch vorsichtig heran und schau, wie dein Berater auf deine Überlegungen reagiert. Manche wollen dich vielleicht direkt abwimmeln und dir die Selbstständigkeit gleich ausreden, andere unterstützen dich, wo sie können.
Mit welchen finanziellen Hilfen kann ich rechnen?
Wenn dein Antrag bewilligt wurde, erhältst du in der ersten Phase 6 Monate lang die Summe, die auch deinem Arbeitslosengeld I entspricht, plus 300 EUR. Diese 300 EUR sind für deine Sozialversicherungsabgaben gedacht.
Sollte dein Gewerbe noch nicht profitabel genug sein, kannst du in der zweiten Phase einen Antrag auf Verlängerung stellen. Wenn dieser bewilligt wird, erhältst du für 9 weitere Monate einen Zuschuss von 300 EUR für deine Sozialversicherungen.
Insgesamt kann dein Vorhaben also mit bis zu 17.700 EUR bezuschusst werden. Und das Beste daran: Diese Zuschüsse müssen nicht zurückgezahlt werden.
Steuerlich fällt der Zuschuss nicht ins Gewicht, jedoch wird dieses Einkommen einbezogen, wenn es um die Höhe deiner Sozialversicherungsabgaben geht.
Wie beantrage ich den Gründungszuschuss?
Im folgenden Beitrag erkläre ich dir in 8 Schritten ausführlich, wie du den Gründungszuschuss beantragen kannst und was du dabei unbedingt beachten solltest, um ihn auch bewilligt zu bekommen.
Schritt 1: Antragsformular erhalten
Das Formular zur Antragsstellung erhältst du ausschließlich beim Beratungsgespräch von deinem Sachbearbeiter, da er direkt deine persönlichen Daten sowie das Datum der Antragsabholung auf die Formulare druckt.
Diese Antragsformulare musst du abholen bevor du dein Gewerbe anmeldest!
Ein Muster des Formulars findest du hier als Download.
Schritt 2: Falls möglich, Vorgründungscoaching beantragen
Einige Bundesländer fördern Existenzgründer mit Coachings, kostenfreien Beratungsgesprächen, interessanten Booklets, etc. Hier kannst du dich ganz einfach im Internet schlau machen. Schau vor allem bei deiner regionalen Industrie- und Handelskammer unter „Gründungsberatung“.
Außerdem kannst du den Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein (AVGS) der Arbeitsagentur für Arbeit nutzen, mit dem du eine kostenfreie Beratung durch einen Gründungsexperten bekommen kannst.
Nutze jede Starthilfe, die du kriegen kannst, um später teure Fehler zu vermeiden. Außerdem beschleunigen solche Trainings das Schreiben des Businessplans, da du einen deutlichen Wissensvorsprung gewinnst.
Schritt 3: Businessplan schreiben
Der wichtigste Teil deines Antrags auf Gründungszuschuss ist der Businessplan. Beschäftige dich ausgiebig mit deiner Idee und deren Umsetzungsmöglichkeiten!
Hierfür habe ich dir ein Download vorbereitet mit meinem persönlichen Businessplan, vielen Beispieltexten, Hintergrundwissen zum VA-Geschäft sowie Templates für die Finanzkalkulation und einen Lebenslauf.
Solche Beispiele und Templates sollten dir jedoch als Inspiration dienen – nicht als einfache Kopiervorlage. Es ist dein eigenes ganz individuelles Business! Dementsprechend solltest du dich genau damit auseinandersetzen.
Und es gilt: Je besser dein Businessplan, desto höher die Chance auf Antragsbewilligung!
Schritt 4: Fachkundige Stellungnahme einholen
Wichtig ist, dass dein Businessplan so formuliert ist, dass er der Arbeitsagentur keinerlei Vorwand zur Ablehnung bietet. Lass ihn deshalb unbedingt von einem erfahrenen Gründungsberater prüfen und überarbeite deinen Plan gegebenenfalls.
Hier findest du meinen Businessplan (inkl. vieler hilfreicher Tipps), mit dem ich bei meinen Beratern punkten konnte und mir so den Gründungszuschuss sicherte.
Wenn du deinen Antrag abholst, erhältst du auch das Formular “Tragfähigkeitsbescheinigung”. Das ist quasi die fachkundige Stellungnahme, die die Tragfähigkeit deines Gründungsvorhabens bescheinigt, das heißt: Die Annahmen sind plausibel und umsetzbar und sie werden im Erfolgsfall dazu führen, dass du nach einer Anlaufphase vom Gewinn leben kannst.
Diese Stellungnahme kann entweder von einem Steuerberater, einem Wirtschaftsprüfer oder der IHK ausgefüllt werden – die vom Steuerberater sind jedoch nicht ganz so gern gesehen, da dir dieser ja ggf. selbst beim Schreiben des Plans geholfen hat.
Schick deinen Plan also lieber zu einem Gründungsberater der IHK. Hier wirst du in jedem Fall zu einem persönlichen (kostenfreien) Gespräch eingeladen, bei dem du mit dem Berater deinen Plan durchgehst. Er/sie wird dir wertvolle Tipps geben können, so dass du deinen Plan ggfs. anpassen kannst.
Als Faustregel für den Berater gilt: Sind mindestens 80% des Businessplans stimmig, wird er die Tragfähigkeitsbescheinigung ausfüllen und unterschreiben.
Schritt 5: Gewerbe anmelden
Spätestens jetzt musst du dich für ein Gründungsdatum sowie die Art deines Gewerbes entscheiden. Gewerbetreibende melden das Gewerbe beim Gewerbeamt an, Freiberuflicher gehen direkt zum Finanzamt.
Bitte hier, wie ganz oben beschrieben, dass du zum Gründungsdatum noch einen Restanspruch auf ALG I von minestens 150 Tagen haben musst.
Schritt 6: Antrag einreichen
Nun kannst du alles gesammelt abschicken.
Denk daran, dass dein Antrag alle vollständigen Unterlagen enthält:
- Das ausgefüllte Antragsformular
- Dein Businessplan inkl. Lebenslauf
- Die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle zur Tragfähigkeit der Existenzgründung
- Die Kopie der Gewerbeanmeldung
- Ggfs. Nachweise über Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der Tätigkeit (fachliche und unternehmerische Qualifikationen, Berufserfahrung, Teilnahme an Maßnahmen, etc.)
Ich drücke dir die Daumen!
Schritt 7: Bewilligung
Die Bescheinigung erhältst du für gewöhnlich binnen 1-2 Wochen. Wenn deine Idee gut durchdacht und dein Businessplan bestens aufgesetzt ist, sollte hier eigentlich nichts schief laufen.
Schritt 8: Falls nötig, Verlängerung der Förderung
Die erste Phase läuft nach sechs Monaten automatisch aus.
Deshalb solltest du ca. vier Monate nach Gründung deines Unternehmens bzw. 4 bis 6 Wochen vor Ablauf der ersten sechs Monate die Informationen für den Verlängerungs-Antrag zusammenstellen. Dann hast du die Chance auf 300 EUR für weitere neun Monate.
Auch diese Phase des Zuschusses ist steuerfrei, wird jedoch nicht für die Ermittlung der Beitragshöhe bei der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung herangezogen.